Probleme lösen, Fallstricke vermeiden
Nachfolgend möchten wir Ihnen noch einige Hinweise geben, die Sie bei der Benutzung des Zentralkatalogs und anderer Bibliothekskataloge im Auge behalten müssen:
Sprachgemisch
Insbesondere im wissenschaftlichen Bibliothekswesen hat man es mit einer Vielzahl von Sprachen zu tun. Englische Bücher kann man natürlich nur mit englischen Suchbegriffen finden, falls keine Sacherschließung durchgeführt wurde. In der BMZ Speyer ist beispielsweise die Sondersammlung „Französischer Protestantismus“ (3500 nahezu ausschließlich französischsprachige Werke) bislang nicht verschlagwortet und kann entsprechend nur mit französischsprachigen Titelstichworten recherchiert werden. Zudem schöpfen die Wissenschaften ständig neue Begriffe, die erst mit Zeitverzögerung in Wörterbücher aufgenommen werden. Beispiel: „Globalisierung“ (seit Mitte der 90er Jahre, früher „Internationalisierung“). “Gender” haben die “Geschlechter” abgelöst, “Biodiversität” ersetzt “Artenvielfalt”, “Indianer” laufen jetzt in Nordamerika unter “First Nations”, “Behinderungen” werden durch “Beeinträchtigungen” verdrängt (im Englischen “handicaps” durch “challenges”), und so geht das laufend weiter.
Begriffsvielfalt
Ein Thema wird in Titeln nicht immer mit demselben Wort oder Ausdruck benannt. Beispiele aus unserer Bibliothek: Wer Literatur über den “Internationalen Terrorismus” sucht, wird allein mit Titelstichworten folgende Werke nicht finden: “Al-Qaida – Geschichte eines Netzwerks”, “Osama bin Laden – eine Biographie”, “Der Morgen des 11. September”, “Taliban”, “Islamisten in Deutschland”. Es wird nur ein Bruchteil dessen gefunden, was wir zum jeweiligen Thema tatsächlich haben! Wer das Stichwort “11. September” eingibt, erhält nicht nur Kunde von den Terroranschlägen in New York, sondern bekommt auch die 7. Tagung der 10. Synode der Evangelischen Kirche von Westfalen angezeigt, weil die zufällig auch an einem 11. September stattfand und das auch noch im Titel steht! Gibt man das Stichwort “Anschlag” ein, stehen in der Ergebnisliste die Islamisten neben dem Thesen-Anschlag Martin Luthers.
Irrelevanz
Nicht jedes Wort in einem Titel sagt, für sich genommen, etwas über das Thema. “Meerwasserentsalzung und ihre Energieversorgung” ist kein Buch zum Thema Energieversorgung. “Sport und Umwelt : Fachtagung Hannover 1987” hat weder mit dem Thema “Sport in Hannover” noch mit “Umwelt von Hannover” zu tun. Bei einer „Suche über alle Felder“ wiegt das Problem noch viel schwerer: oft stehen beispielsweise im Klappentext irgendwo Wörter, die mit dem Thema nichts zu tun haben. Beispiele aus unserer Bibliothek: “Fremde Heimat Kirche” ist weder ein Buch über Fremde/Migranten noch über Heimat. “Der Prozeß” ist kein Buch, mit dem ein Jurist sich Grundinformationen zum Verfahren vor Gericht verschaffen kann, sondern ein Roman von Franz Kafka.
Flexionsformen
Wörter kommen auch mal im Genitiv oder im Plural vor – für ein Suchsystem sind die Unterschiede nicht trivial. Im Deutschen und Englischen lässt sich das oft durch Trunkierung (Abkürzen an der richtigen Stelle des Wortes) abfangen, aber nicht immer: “Ärzte” findet man nicht, wenn man nach “Arzt*” sucht. In anderen Sprachen kann es noch viel schwieriger sein, z.B. in den slawischen. Da machen Wörter mitunter ganz sonderbare Verwandlungen durch.
Zusammensetzungen
“Brennholz” findet man nicht, wenn man nach “Holz” sucht oder “Holz Energiequelle”. Das Deutsche hat mit seiner Eigenheit der bedenkenlosen Verkuppelung von vorher nie zusammen gesehenen Wörtern (“Turbokapitalismus”, “Massenarbeitslosigkeitsproblem”, “Geschäftsphilosophie”) ein beispielloses Potenzial wundersamer Wortvermehrung. Der jeweils zweite (dritte, vierte) Teil einer Zusammensetzung aber ist in der Stichwortsuche nicht als solcher auffindbar. Wer “Käfer” eintippt, findet keinen Titel, in dem “Laufkäfer”, “Sandlaufkäfer”, “Schwimmkäfer”, “Kornkäfer”, “Kartoffelkäferplage” usw. steht.
Verkürzungen
Das Deutsche verfügt ferner über einen “Sparmechanismus”, indem es Verkürzungen bei Aufzählungen erlaubt: den Titel “Sprach-, Schreib- und Leseleistung in der Mittelstufe” findet man nicht, wenn man nach “Schreibleistung” oder “Sprachleistung” sucht. Bei der Suche nach “Rechtsphilosophie” geht einem der Titel “Rechts- und Staatsphilosophie” durch die Lappen. “Volksmusik” versagt bei dem Titel “Volks- und Kirchenmusik.
Rechtschreibwandel
“Potenzial” statt “Potential”, “selbstständig” statt “selbständig” – die Reform sollte das Erlernen der Rechtschreibung erleichtern. Den Umgang mit Katalogen erschwert sie, denn dabei muss man im Ernstfall beide Schreibungen kennen. Die Rechtschreibreform hat für den Katalognutzer zur Folge, dass er viel mehr Krimskrams-Wissen braucht und einsetzen muss als vorher. Und das bis ans Ende seiner Tage, denn die alten Titel können wir nicht ändern.